Ev.-Luth. Kirchgemeinde Gottleubatal

Oelsen

Die Kirche Oelsen von Norbert Kaiser – eigene Aufnahme., CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=9751758

Wir begrüßen Sie als Besucher unseres Ortes und unserer Kirche. Sie befinden sich hier in dem Ort mit dem höchsten Punkt im ehemaligen Landkreis Sächsische Schweiz. Der Rundblick von der Oelsener Höhe; (644 m) lohnt den Weg.

Nach der ersten urkundlichen Erwähnung (1169) ist Oelsen das älteste Dorf im ehemaligen Landkreis. Seine frühe Entstehung verdankt es wohl sicher dem „Kulmer Steig“. Vor etwa 1.000 Jahren war unser Heimatgebiet von dichtem Wald bedeckt („miriquidi“ = dunkler, geheimnisvoller Wald). Dieser bildete eine natürliche Grenzlinie zwischen den böhmischen Kulturzentren und den Siedlungsgebieten an der Elbe im sächsisch-meißnischen Raum. Nur wenige Wege führten anfangs durch den miriquidi.

Der älteste und bedeutendste ist wohl der bereits erwähnte Kulmer Steig (vom heutigen Dohna nach Chlumec = Kulm). Dieser Steig wurde schon seit Jahrtausenden benutzt, wie durch zahlreiche Bodenfunde, auch auf Oelsener Territorium, bezeugt wird. Ihr Alter schätzt man auf ca. 3.000 Jahre. Während der Zeit der großen Rodungen kamen Bauern aus Thüringen, Franken oder Hessen (ihre Zahl wird mit 15 bis 17 angenommen), rodeten in mühevoller Arbeit den Wald und legten ihr Dorf an.

Gleichzeitig mit dem Dorf entstand auch das Rittergut, indem, wie es damals üblich war, der Anführer der Siedler das größte Stück Land bekam. Oelsen gehörte ursprünglich, wie auch die anderen Orte der Umgebung, zu Böhmen. Darauf ist wohl auch der slawisch klingende Name „Olesnice“ zurückzuführen.

Bereits im Jahre 1358 wird erwähnt, daß ein „plebanus Petrus“ zu Oelsen gestorben ist und 1405 wird die Kirche direkt benannt: „alz man von der kirchen zu der Alsen czu dem gerichte gein wil“. 1429 wurde Oelsen beim Durchzug eines aus 40.000 Mann bestehenden hussitischen Heeres völlig zerstört. In allen erhaltenen Aufzeichnungen jener Zeit wird Oelsen stets als „wüstes Dorf“ bezeichnet (1445, 1459, 1465, 1478). Im Gegensatz zum benachbarten Erdmannsdorf wurde Oelsen gegen Ende des 15. Jahrhunderts wieder aufgebaut. Den Bau der heutigen Kirche kann man damit etwa um 1490 annehmen. Urkunden dazu gibt es nicht. Dabei sprechen einige Tatsachen dafür, daß die frühere vorreformatorische Kirche und Pfarre auf einer Anhöhe gegenüber gestanden hat (z.B. Kopfstück einer Betsäule gegenüber dem ehemaligen Konsum, Flurnamen wie „Pfarrgarten“, Mauerreste, deren Alter auf über 500 Jahre geschätzt wurde u.a.).

Von 1517 bis 1762, also 245 Jahre, war das Rittergut Oelsen (auch „Oelsa“ genannt) im Besitz der Familie Bünau. Das war ein überaus mächtiges und einflußreiches Adelsgeschlecht. Zur Zeit ihrer Blüte verfügten sie über 7 Schlösser und Herrschaften. Ihr Besitz reichte weit in das benachbarte Böhmen hinein. Die Rittergutsbesitzer waren zugleich die „Kirchpatrone“, deren Wirken auch in unserer Kirche erkennbar ist. So finden Sie hier in der Vorhalle eine Kostbarkeit, die in der Vergangenheit vielleicht zu wenig Beachtung fand. Es handelt sich um die Sandsteinreliefs, darstellend den Herrn mit der Weltkugel, die 4 Evangelisten und 2 weitere Reliefs mit Rittersymbolik.

Sie wurden um 1620 im Auftrage der Bünaus von Lorenz Hornung aus Pirna hergestellt und zierten über Jahrhunderte hin die Kanzel der Oelsener Kirche. Lorenz Hornung war neben Matthias Schwenke einer der berühmtesten Sandsteinbildhauer jener Zeit. Sie arbeiteten vielfach im Auftrag der Bünaus. Davon zeugen unter anderem die Stadtkirche in Lauenstein und die prächtige Bünaukapelle.

An die Bünaus erinnern ferner 2 Epitaphe im Innern der Kirche: Rudolph von Bünau 1595 – 1653, Rudolph von Bünau 1673 – 1701

Auch die Windfahne auf dem Kirchturm war ein Geschenk der Bünaus. Darauf waren das Jahr 1749 und die Initialen RVB (Rudolph von Bünau) zu erkennen. Die bei der Kirchturmsanierung 2001 aufgesetzte Windfahne ist weitgehend dem historischen Original nachgebildet.

Eine weitere Kostbarkeit unserer Kirche ist die Orgel. Sie wurde 1806 vom Hoforgelbauer Carl Rudolph August Venzky aus Dresden erbaut. Er war ein Schüler Treubluths, welcher zeitweilig bei Zacharias Hildebrandt wirkte und dieser wiederum war Schüler Silbermanns. Sie ist das einzige noch vorhandene Werk Venzkys. Die Silbermann-Tradition ist noch zu erkennen. Zu unseren Orgelkonzerten können Sie sie hören.

Im Jahre 1806 wurde auch die Vorhalle erbaut und die berühmten Hornung-Reliefs von der Kanzel dort angebracht.

Um 1540 waren die Pfarren Oelsen und Breitenau zusammengelegt worden. Etwa 300 Jahre war die Pfarre Oelsen ein Filial von Breitenau. Seit 1850 hatte Oelsen wieder einen eigenen Pfarrer. Die Pfarre wurde 1851 erbaut. Der letzte in Oelsen wohnende Pfarrer war Pfarrer Günther (bis 1975). Jetzt bilden Oelsen, Bad Gottleuba, Berggießhübel, Markersbach und Cotta gemeinsam die Kirchgemeinde Gottleubatal.

Jede Generation hat ihren Beitrag zur Erhaltung der Kirche geleistet, so auch die Gemeinde unserer Tage. 1975 wurde das Innere der Kirche gründlich renoviert. Unter Leitung von Restaurator Franz Riedel aus Dresden und Malermeister Heinz Großpietzsch aus Liebstadt hat die Gemeinde in eifriger Arbeit den Raum wieder würdig gestaltet. 2001 wurde der Kirchturm saniert. Daran war u.a. besonders die hiesige Zimmerei Hellinger beteiligt. Der Turm erhielt eine Kupferbeblechung und eine altdeutsche Schieferdeckung. Im Jahr 2011 konnten mit Hilfe von Fördermitteln und Spenden aus der Bevölkerung der Dachstuhl saniert und das Dach neu mit Schiefer gedeckt werden. Auch die Sandsteinsimse wurden aufbereitet. Die Dachklempner- und -entwässerungsanlagen wurden ebenfalls erneuert. Die Malerarbeiten innen und außen wurden größtenteils in Eigenleistung realisiert.

Die ältesten zwei Glocken wurden um 1500 bzw. 1582 gegossen. Im Oktober 1898 weihte die Kirchgemeinde 3 neue Glocken, aus Platzgründen leider mit einem stählernen Glockenstuhl. Dieses Geläut fiel dem 1. Weltkrieg zum Opfer. Ein neues Dreiergeläut (das vom Klang her wohl schönste) weihte man am 20.10.1920, bereits 2 Jahre nach dem 1. Weltkrieg. Im 2. Weltkrieg mußten wiederum die beiden größten Glocken zerschlagen und abgeliefert werden. Erst am 03.05.1959 konnte ein neues Dreiergeläut aus Stahlhartguß – sei es aus Mangel an Buntmetall oder aus Angst vor einer erneuten Demontage – geweiht werden. Diese, für den Turm zu schweren und teilweise defekten Glocken, wurden 2001 gegen 2 neue Bronzeglocken und einen Glockenstuhl aus Eichenholz ausgetauscht. Gegossen wurden die neuen Glocken, unter großer finanzieller Opferbereitschaft und im Beisein vieler Oelsener Einwohner, am 02. und 06.11.2001 in Lauchhammer. Nach ihrer Weihe am 09.12.2001 bleibt zu hoffen, daß dieses für Oelsen 5. Geläut mindestens so lange Bestand hat wie das erste, nämlich 400 Jahre!

Quelle: Klaus Hassemann, Ortschronist von Oelsen