Die zunächst ohne Turm errichtete Kirche maß im Mittelhaus 12 Meter bis zum First, die Maße des Schiffes betrugen 11×9 Meter, die des Altarraums 6,5×5,5 Meter. Die Kirche hatte ein Fassungsvermögen von knapp 300 Personen, die nach Geschlecht auf das Schiff und die Emporen aufgeteilt waren. Im Betstübchen für die Besitzer des Gutes Friedrichstal fanden 6 Personen Platz, in dem 1734 nachträglich für besondere Badegäste errichteten Badegebetstübchen weitere 10 Personen. Erst nach über 100 Jahren wurde 1679 eine erste kleine Orgel eingebaut. Sechs Jahre später, im Jahre 1685, wurde mit dem Bau des 30 Meter hohen Turms begonnen. Der damalige Magister P. Flachs legte in dessen Knopf die Worte ein:
Hier steh ich nun mit Gott; durch Hilfe vieler Frommen
bin aufgerichtet ich und so zum Ansehn gekommen
Die Kinder waren arm, die Schwestern halfen treu
es stund mir Dresden, Pirn‘ und Meißen reichlich bei;
auch Frei- und Annaberg; Gott laß sie es genießen
und seinen Segen sich auf sie und uns ergießen
Ein Conrad hat den Knopf mit Fleiß hierher gesetzt
der andere, was du zählst, bald drunter eingeäzt
Die Flachse haben mich von oben zugedecket;
das Schiefer endlich hat die Gemeinde angezwecket
Du, wenn ich rufe Dir, schlag‘ solches nicht in Wind
komm‘, hör‘ und bessre dich, das Leben fährt geschwind!
Nicht nur Der Dreißigjährige Krieg (1618-1648) und der siebenjährige Krieg (1756-1763) führten die kleine Gemeinde fast zur Auslöschung; auch im Rahmen der Befreiungskriege 1813-1815 der verbündeteten Staaten gegen das Heer Napoleons zogen die Armeen mehrfach durch den Ort, bzw. lagen in und um Berggießhübel in Stellung. Die Franzosen verwüsteten u.a. auch die Kirche – Orgel, Inneinrichtung, Gewänder wurden zerstört bzw. verbrannt. Dazu brach 1814 das Nervenfieber aus, dem 150 Personen zum O
pfer fielen. Der Dresdner Rechtsanwalt Gutwasser , Menschenfreund und Kenner Berggießhübels, stellte nach Abzug der Franzosen einen Opferstock am Kirchberg auf, um die Not der Bevölkerung zu lindern. Das Schild „Helft unserer armen Stadt“ in deutscher und russischer Sprache existiert noch heute.
Seit 1676 hatte Berggießhübel einen eigenen Pfarrer. Dieser wohnte bis zum Jahr 1700 lediglich zur Miete. Die 1622 erbaute alte Schule in Berggießhübel wurde ab diesem Zeitpunkt Pfarrwohnung. 1813 wurde sie schwer beschädigt und blieb jahrelang unbewohnbar. 1819/20 und in den Jahren 1840 und 1860 wurde sie wieder hergerichtet bzw. renoviert. 1885 hatte die alte Pfarre dann ausgedient. Ein Neubau direkt an der Kirche ersetzte das alte Gebäude – allerdings nur sieben Jahre lang.
Schon bei der Gründung des neuen Pfarrgebäudes war man unvermutet auf einen vorurkundlichen Schacht gestoßen. Dieser musste nach behördlicher Anordnung zunächst überwölbt werden, um Senkungen des zukünftigen Gebäudes zu verhindern. Alle getroffenen baulichen Maßnahmen erwiesen sich dennoch als unzureichend: 1892 musste der damalige Pfarrer Clauß das Gebäude räumen, nachdem große Risse im Gebäude auftraten und ein Einsturz des Pfarrhauses nicht mehr ausgeschlossen werden konnte. Der Rechtsstreit der Kirchengemeinde gegen die Bergwerks-Verwaltung zog sich über sechs Jahre hin und endete 1899 vor dem Landgericht Dresden mit einem Vergleich. Das neue Gebäude wurde abgebrochen und unter Verwendung des Baurisses und vorhandener Bauteile an der neuen, heutigen Stelle neu aufgebaut.
Folgenschwere Renovierung
Am 15. September 1874 brach bei umfangreichen Arbeiten an der Kirche ein Feuer aus. Die Kirche brannte in der Folge bis auf die Grundmauern ab. Wichtige Utensilien wie die Altarbekleidung, Leuchter, Kruzifix, aber auch Orgelpfeifen, die Uhr und das Sammelbecken konnten vor der Zerstörung in letzter Sekunde gerettet werden. Als Kirche musste ab dem 27. September 1874 der Saal des damaligen Sächsischen Hauses dienen. Eine kleine Betglocke und ein Harmonium, welche das Berggießhübler Eisenhüttenwerk der Kirchgemeinde lieh, rundeten fortan den Gottesdienst in Berggießhübel ab.
Im Juni 1875 begann man, die Ruine der alten Kirche abzureißen. Beim Abriss des alten Turmes durchschlug ein herabfallender Stein den Fußboden der alten Kirche und legte eine unvermutete Gruft frei. Nachfolgend entdeckte man insgesamt neun Grüfte, in denen 13 Personen beigesetzt waren. Nach Verfüllen der Grüfte und der Exhuminierung weiterer 20 direkt an der Kirche bestatteter Personen wurde am 7. Juli 1875 der Grundstein für die neue Kirche gelegt.
Die neue Kirche
Mit der Planung des Neubaus war der Leipziger Kirchenbaumeister Hugo Altendorff beauftragt worden, der zu dieser Zeit einen weitreichenden Ruf als Architekt neugothischer Kirchen hatte. Altendorff realisierte die Kirche als
im gotischen Stil gehaltenen Sandsteinbau. Auf die Gesamtkosten in Höhe von 76.000 Mark entfielen 56.000 Mark auf den Rohbau und 20.000 Mark auf den Innenausbau. Die ausgezahlte Versicherungssumme von 18.000 Mark, sowie Kollekten, Beihilfen und Spenden ergaben eine Summe von 32.000 Mark, so dass ein Kapital von immerhin 44.000 Mark aufgenommen werden musste. Die Weihe der neuen Kirche wurde unter der Teilnahme kirchlicher Würdenträger und zahlreicher Gemeindemitglieder am 12. November 1876 vollzogen.
Der Turm der Berggießhübler Kirche ist 36 Meter hoch, das Mittelhaus hat eine Firsthöhe von 15 Metern. Die Decke ist nicht gewölbt, sondern in einer Holzkonstruktion ausgeführt. Die Deckenhöhe beträgt 10 Meter. Das Schiff besitzt einen Hauptgang in der Mitte und je einen Gang an den Seiten. Es ist 15 Meter lang und 9 Meter breit. Links und rechts im Schiff befinden sich zwei Emporen mit einer Höhe von 2,85 Metern, die von gusseisernen Trägern gestützt werden und über ein Treppenhaus am Eingang des Schiffs erreicht werden können. Drei Stufen führen zum Altarraum mit 8 Metern Länge und 6 Metern Breite. Links vom Altarraum befindet sich die Taufkapelle, darüber das ehemalige Betstübchen des Gutes Friedrichsthal. Zur Rechten des Altars liegt die Sakristei, darüber das Betstübchen der Pfarrei. Alle vier Räume sind von außen über separate Eingänge zu betreten.
Das heutige Bild des Innenraumes wurde im wesentlichen nach der Renovierung im Jahre 1969 festgelegt. Die Kronleuchter und die Innenbemalung wurden durch eine neue Beleuchtung und einen schlichten Farbanstrich ersetzt. Dabei wurde auch der ehemalige Sandsteinaufbau des Altars mit einem schwarzen, teilweise mit Blattgold verzierten Marmorkreuz entfernt.
Ab 2008 Sanierungsarbeiten an Holzdecke, Neudeckung der Betstübchendächer. (Das gesamte restliche Dach muss in den nächsten Jahren neu gedeckt werden) 2009 Erneuerung des Geläutes incl. 3 neuer Bronzeglocken, neuem hölzernen Glockenstuhl und neuer Läuteautomatik. Das erste Geläut im Dezember 2009 kann unter www.berggiesshuebel.de angehört werden.
Quelle: B. Fischer www.berggiesshuebel.de